04/22/2022

Der Ruf nach mehr Mut in deutschen Unternehmen ist leiser geworden

In den letzten Jahren gab es immer wieder einen Aufschrei, gerade der deutsche Mittelstand verpasse den Anschluss um Innovationen und das Kreieren neuer digitaler Geschäftsmodelle. Oft hieß es: es fehle in unserem Lande an Mut neue Wege zu gehen.

Nun, nach den letzten Wochen und Monaten und dem Kampf jedes Unternehmens in schweren Zeiten durch Covid-19, zeigt die Verletzlichkeit erfolgreicher Unternehmen aus der Old Economy auf. Das Management fokussiert sich klar auf das Basis-Geschäft, um dort alle Kräfte und Ressourcen zu bündeln. Die wirklichen Ausmaße kann noch keiner abschätzen. Auch die Wirtschaftsforscher zeigen uns verschiedene Tendenzen auf. Nur welchen Weg die Wirtschaft einnehmen wird, kann keiner Sagen. Soll heißen, aus Angst und Vorsicht verzichten viele Unternehmen an Innovationen oder dem Wege der Digitalen Transformation?

Durch Gespräche aus dem Management in unterschiedlichen Branchen, gibt es ein klares Zeichen: wir blicken aktuell auf die Rettung und Sicherung des Kerngeschäfts. Verlieren wir in Europa dadurch noch mehr Zeit zu den Namenhaften Plattformen wie Amazon und Alibaba? Und was passiert gerade mit den Ideen und digitalen Geschäftsmodellen, welche in den letzten Monaten mit viel Leidenschaft und Mut vorangetrieben worden sind? Stillstand?

Nein! Trotz der Nachfrage des Potenzials von Innovationen, so scheint der Mut und der Glaube an digitale Lösungen nicht ganz verloren zu sein. Große Unternehmen bereinigen in Krisenzeiten ihr Unternehmen. Auch die digitalen Geschäftsmodelle werden noch genauer betrachtet sowie nach dem Sinn und deren Notwendigkeit ungleich dem zu investierenden Kapital hinterfragt.

Eines ist sicher, die Wettbewerbsbedingungen werden sich durch die fortschreitende Digitalisierung und neue Konkurrenten am Markt weiterhin stark verändern. Es bleibt dabei: zu viele Unternehmen stolpern in die Zukunft, anstatt mit einer offenen und schrittweisen digitalen Transformation voranzugehen. In Zeiten in und nach Corona wird der Wagemut gedämpft sein. Nur sollten Unternehmen nicht den Ausbau der Zukunft abbrechen! Dabei ist das Vorgehen keine Glückssache. Eine klare Pipeline führt durch die agilen Maßnahmen mithilfe von bewährten Tools:

#1 Strategy-fit-Phase
Für eine erfolgreiche Team-Zusammenarbeit ist die erste Phase von hoher Relevanz. Das Ziel besteht darin, ein gemeinsames Verständnis für das Projekt zu schaffen und der momentanen Ausgangssituation und die Planung des Projekts, Zielvorstellungen abzustimmen. Dabei werden Erfolgskriterien, das Vorgehen und die Hauptziele für alle Beteiligten sichtbar und klar. Ein weiterer Baustein ist die Zusammenstellung des Teams. Was sollte ein gutes Team mitbringen: eine Mischung aus Mitarbeitern mit Management- und Branchenerfahrungen, ein gutes Netzwerk nach innen sowie zu anderen Unternehmen von Vor- oder Nachgelagerten Produktionsketten. Leidenschaft für Geschäftsmodellinnovationen, schaffen für die weitere Entwicklungsschritte gute Voraussetzungen.

Tool-Tipp: Ein guter Start bedarf eine klare Auftragsstellung, eine Zieldefinition sowie ein Team mit einem gemeinsamen Verständnis für das Projekt. Übergeordnet steht eine Unternehmensstrategie, welches das Team in ihrer Handlung und Sinnhaftigkeit leitet bzw. führt.
Für einen guten Start ist der Stratigic Change Canvas sehr hilfreich. Alle beteiligten Arbeiten an einem klaren Bild. Dabei haben alle Teilnehmer die Möglichkeit, offene Fragen zu stellen sowie Themen zu hinterfragen. Der Stratigic Change Canvas schafft Klarheit über die wesentlichen Fragen des Projekts. Die einzelnen Felder und die notwendigen Fragen, begleiten die Teilnehmer schrittweise bei der Umsetzung einer klugen Darstellung des Innovationsauftrags.

Folgende Fragen helfen zum Erfolg bei:
1. Wie ist die Ausgangssituation?
2. Warum ist diese Veränderung für unsere Organisation wichtig?
3. Was ist der Auslöser für die Initiative? Wo liegt die Schwierigkeit?
4. Was möchten wir erreichen?
5. Welchen Mehrwert möchten wir unseren Nutzern zukünftig bieten?
6. Wieviel Budget benötigen wir für das Projekt?
7. Wer trifft die Entscheidungen?
8. Welche Schlüsselelemente werden eingesetzt, um den Erfolg zu messen?
9. Wie sehen die nächsten Schritte aus?

Das Ziel besteht darin, gemeinsam Antworten auf die Fragestellungen zu formulieren und somit eine zukunftsträchtige Ausrichtung zu haben.

#2 Research-Phase
Um Produkte und deren Potenziale langfristig und nachhaltig erfolgreich zu machen, findet eine Einschätzung im nutzerzentrierten Kontext statt. Bei diesem Vorhaben muss mit allen Prozessbeteiligten gesprochen werden. Die Ergebnisse zeigen die Bedürfnisse und relevante Informationen für das spätere Produkt oder dem geplanten Service auf. Um dieses Wissen in eine Struktur zu bringen, kann u.a. die Customer Journey verwenden werden. Dieses Werkzeug beschreibt die Reise des Kunden, indem es die verschiedenen Berührungspunkte mit dem Service bzw. mit dem Produkt darstellt. Es wird im Anschluss jede Interaktion step-by-step visualisiert. Mit dieser Betrachtungsweise versetzten wir uns in den Kunden, wenn er ein Produkt benutzt oder wie er konkret durch ein Service auf einer Plattform geführt wird. Zu diesem Zeitpunkt werden enorme Verhaltensweisen vom Kunden gesammelt, um dann die aktuellen Lösungen gegenüber zu stellen. Mit dem Ziel, mögliche funktionale Lücken oder nicht zielgerichtete Funktionalitäten aufzudecken. Weiterhin werden möglichen Optimierungs-Potenziale aufgezeigt.

Ein wichtiger Leitsatz lautet: „Verändern wir unsere Perspektive aus Sicht des Kundens, schaffen wir relevante Erkenntnisse für das Angebot, Vertriebskanäle, Kundenbeziehungen und natürlich für neue Geschäftsmodelle.

Tool-Tipp: Wie oben genannt ist die Customer Journey ein tolles Hilfsmittel. Ein weiteres Design Tool ist: Fly on the Wall. Mit dieser Methode werden die Nutzer bzw. die Kunden in realen Situationen beobachtet. Wichtig dabei ist, die zu beobachtenden Personen dürfen sich nicht gestört fühlen, damit die Handlung oder das Vorgehen nicht verändert wird. In einer World Wide Web-Umgebung sind folgende Tools mit der Zustimmung des Nutzers erlaubt: Survey Monkey, Google Forms oder Hotjar.

#3 Design-Phase
Durch das Brainstorming von einem Team aus unterschiedlichsten Bereichen des Unternehmens erfolgt der kreative Teil für die Generierung neuer Geschäftsmodelle – losgelöst von dem bestehenden Portfolio. Die besten Ideen werden durch die Geschäftsführung und dem Team rasch favorisiert, um im Anschluss eine Gestaltung bzw. Visualisierung vorzunehmen. Dabei sollte nicht nur eine Idee geprüft werden. Die Wahrscheinlichkeit ist einfach viel höher, wenn mehrere Ideen getestet werden. Ein Blick in die Praxis zeigt, dass die Ideengeber ihre Idee am besten finden und diese auch umsetzen wollten. Dies ist menschlich! Leider birgt dies eine Gefahr von Fehlinvestition, da die Objektivität nicht mehr gegeben ist. Daher lohnt es sich, gerade in der Design-Phase verschiedene Ideen via Prototypen zu testen. Anschließend entscheidet der Kunde, welche Idee die Beste ist.

Tool-Tipp zur Ideengenerierung: In dieser Phase werden möglichst viele Lösungen generiert. Kreativität und Thinking-out-out-of-the-box spielen dabei eine große Rolle. Kleine Denkblockade lassen sich mit Warum-ups lösen, um anschließend neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Ein erfolgreiches Tool aus dem Design Thinking zur Ideengenerierung ist die Hot Potatoe-Übung. Wer die Kartoffel fängt, muss eine Idee aussprechen. Dabei können die Teilenehmer die Ideen nutzen, um darauf neue Ideen zu generieren. So können in kurzer Zeit sehr viele Ideen entstehen. Wichtig ist, dass bei dem Vorgehen keine Bewertung der ausgesprochenen Ideen stattfindet.
Erste im Anschluss hilft es die Ideen in eine Matrix einzupflegen. Bei der Clusterung findet zum Beispiel die Ideenserviette Y Combinator Anwendung. Ziel ist es, sehr schnell zu iterieren, zu bewerten und mit der schnellen Verifizierung und Qualifizierung mit den am besten bewerteten Ideen zu beginnen.

#4 Validations-Phase
Die Lösungsansätze mit dem höchsten Potenzial werden im Rahmen von Nutzertests validiert. Dazu werden mit dem Kunden Testszenarien konzipiert und durchgeführt. Gewonnen Erkenntnisse werden anschließend in den Konzept- und Lösungsansatz integriert und ggf. angepasst.

Tool-Tipp: Bei Pizza, Bier und Brause lassen sich Produkte, Websites und Apps gut testen. Der Anbieter Usabiltiy-testessen.org bringt bei einer tollen Atmosphäre die Entwickler und Nutzer an einen Tisch. Die Veranstalter planen sicherlich bereits die nächsten Termine nach dem Shut down.

#5 Refinement-Phase
Auf Basis der Erkenntnisse aus der Validation-Phase wird die Geschäftsmodellvision geschärft und ein klares Plattformkonzept als Basis für eine zukünftige Umsetzung formuliert. Dazu gehört die Definition aller damit verbundenen Projekte, die Festlegung von Meilensteinen, die rechtliche Struktur der Organisation, die Vorbereitung eines detaillierten Budgetplans sowie eines Projekt-Routenplans. Im Rahmen dessen ist eine zielgerichtete Handlungsempfehlung sowie eine erste Skizzierung eines Businessplans für die Umsetzung des Plattformgeschäftsmodells notwendig.

Tool-Tipp: Capability Mapping ist ein nützliches Werkzeug, um sich einen Überblick über die bestehenden Fähigkeiten zu verschaffen und eine Schätzung der noch zu benötigten Kompetenzen innerhalb der Idee oder des Geschäftsmodells vorzunehmen. Dies ist hilfreich, um frühzeitig zu wissen, ob benötigte Fähigkeiten verfügbar sind oder ob sie nach Make-or-Buy-Ansätzen besetzt werden müssen. Bei mehreren Ideen und Projekten sind Capability Mappings auch für die Ressourcenzuweisung von wiederkehrenden Fähigkeiten und auch für eine bessere Kauf- oder Verkaufsentscheidung nützlich.

Auch wenn die ersten Phasen erfolgreich durchlaufen sind, bedeutet dies nicht, auf den Erkenntnissen sich auszuruhen. Kunden- oder digitale Markt-Einflüsse werden das Geschäftsmodell durch ein regelmäßiges Feedback erfolgreich anpassen.

Uber sowie Slack wissen um die Chancen der Digitalisierung zu nutzen. Daher sollten wir in Deutschland und Europa trotz Corona Pandemie nicht den Mut für unsere digitalen Geschäftsmodelle verlieren, sondern uns auf die Innovationsideen und Geschäftsmodelle mit messbarem Impact konzentrieren, wo das höchste Potenzial enthalten ist.

Susanne - 14:09 | Kommentar hinzufügen